Familiäres Aneurysma

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Beratung in der Spezialsprechstunde am Inselspital

Am Inselspital bietet die Aneurysma-Sprechstunde von Prof. Andreas Raabe oder PD Dr. David Bervini die Möglichkeit zu einem ausführlichen Beratungsgespräch. Das Krankheitsbild des Aneurysmas von der Entstehung über die Ruptur bis hin zur bestmöglichen Behandlung für unsere Patienten ist ein Forschungsschwerpunkt unserer Klinik. In diesem Beitrag finden Sie die häufigsten Fragen wie:

Gerne klären wir weitere Fragen gemeinsam mit Ihnen in unserer Spezialsprechstunde. Bitte lassen Sie sich von Ihrem behandelnden Arzt überweisen oder nehmen Sie direkt mit uns Kontakt auf.

> 800 Fälle
im Aneurysma-Board pro Jahr
Zentrum
für Erkrankungen von Hirngefässen
9,0 von 10
Bestnote in der Weiterempfehlung durch unsere Patienten

Sind Hirnarterienaneurysmen vererbbar?

Aneurysmen an Hirnarterien sind oft Zufallsbefunde und in vielen Fällen harmlos. Sie können aber auch platzen und dann eine Hirnblutung verursachen. Für Angehörige von Aneurysma-Patienten stellt sich oft die Frage, ob Aneurysmen vererbbar sind? Die Antwort ist Ja. Allerdings weist nur ein geringer Teil der Aneurysmen eine genetische Disposition und damit eine familiäre Häufung auf.

Während in der Gesamtbevölkerung die Häufigkeit eines Aneurysmas bei etwa 2 % liegt, steigt das Risiko für ein Aneurysma auf 4 % an, wenn bereits ein Familienangehöriger ersten Grades (Vater, Mutter, Kinder, Geschwister) an einem Aneurysma erkrankt ist, und auf 8 % an, wenn 2 Verwandte ersten Grades Aneurysmen haben.

Bei Patienten mit familiären Zystennieren liegt bei 10 % auch ein intrakranielles Aneurysma vor, wobei auch hier eine Häufung in Aneurysma-Familien zu finden ist. Wahrscheinlich haben auch Angehörige 2. oder 3. Grades ein erhöhtes Aneurysma-Risiko, teilweise erstrecken sich die Ergebnisse in wissenschaftlichen Arbeiten auch auf entferntere Verwandtschaftsgrade.

Ist ein Aneurysma-Screening für Familienangehörige sinnvoll?

Es handelt sich um eine familiäre Aneurysma-Erkrankung, wenn zwei oder mehr erstgradige Familienangehörige an einem Aneurysma leiden. Auf Wunsch kann bei erstgradigen Verwandten mit einer nichtinvasiven Methode wie der Magnetresonanzangiografie (MR-Angiografie) gezielt nach Aneurysmen gesucht werden. In den betroffenen Familien kommen nicht nur häufiger Aneurysmen vor, das Gesamtrisiko ist auch erhöht. Die familiären Aneurysmen haben ein höheres Rupturrisiko und Familienangehörige weisen ein jüngeres Lebensalter und eine höhere Todesrate bei Ruptur auf *. Auch bei eineiigen Zwillingen mit Aneurysma ist eine Abklärung des Geschwisters gerechtfertigt, ebenso bei Patienten mit autosomal-dominanter polyzystischer Nierenerkrankung.

In einer grossen Studie wurden neue, wichtige Hinweise auf das Rupturrisiko bei familiären Aneurysmen gefunden *. Aneurysmen wurden bei 20,6 % der erstgradigen Angehörigen diagnostiziert, die allerdings einer speziellen Risikogruppe angehörten – alle waren Raucher oder litten an Bluthochdruck. Aneurysmen rupturierten mit einer Häufigkeit von 1,2 % pro Jahr, auch sogenannte kleinen Aneurysmen (< 7 mm) des vorderen Kreislaufs.

Wir empfehlen, dass junge Menschen aus Familien mit mindestens 2 erstgradigen Verwandten mit einem Aneurysma ab dem 20. Lebensjahr alle 5–7 Jahre eine Vorsorgeuntersuchung mittels MR-Angiografie ohne Kontrastmittel erhalten. Voraussetzung dafür ist aber der klare Wunsch der Betroffenen nach Abklärung.

Diese Empfehlung stützt sich auf eine Untersuchung von niederländischen Forschern der Universität Utrecht *. Dort fand sich bei allen Screenings, die alle 5–10 Jahre durchgeführt wurden, bei 5 % der Patienten ein neues Aneurysma, auch wenn diese Patienten bei früheren Untersuchungen bereits negativ getestet worden waren.

Wird ein Aneurysma-Screening empfohlen, wenn nur ein Familienmitglied ein Aneurysma hat?

Wenn Aneurysmen nicht familiär gehäuft, sondern nur bei einem Familienmitglied ersten Grades vorliegen, wird eine Vorsorgeuntersuchung für Familienangehörige nicht empfohlen. Die Häufigkeit eines Aneurysmas ist in dieser Gruppe zumindest in Zentraleuropa nicht wesentlich höher als in der übrigen Bevölkerung. Die entdeckten Aneurysmen sind überwiegend klein und in der vorderen Zirkulation lokalisiert, so dass die Risiken der Therapie den Nutzen bisher übersteigen *.

Was sind die Probleme eines Screenings?

Ob gezielt nach einem bisher nicht bekannten Hirnaneurysma gesucht werden soll, muss der Betroffene in einem Beratungsgespräch mit einem Aneurysmaexperten klären. Ein klarer Wunsch nach Abklärung ist eine unbedingte Voraussetzung, weil bei einer Magnetresonanztomografie (MRT bzw. MRI von engl. Magnetic Resonance Imaging) des Kopfes auch andere Zufallsbefunde aufgedeckt werden können. Es ist wichtig, mögliche Folgen und Komplikationen einer Behandlung, versicherungsrechtliche Aspekte, die Eignung für bestimmte Tätigkeiten bei einer Aneurysmadiagnose oder eine eventuelle Aufdeckung nicht behandelbarer Befunde vorher zu besprechen. Allein das Wissen um eine Diagnose kann eine erhebliche psychische Belastung für Betroffene darstellen, ohne dass medizinisch wirklich ein Handlungsbedarf besteht.

Referenzen

  1. Rinkel GJ. Intracranial aneurysm screening: indications and advice for practice. Lancet Neurol. 2005;4:122-128.

  2. Broderick JP, Brown RD, Sauerbeck L et al. Greater rupture risk for familial as compared to sporadic unruptured intracranial aneurysms. Stroke. 2009;40:1952-1957.

  3. Bor AS, Rinkel GJ, van Norden J, Wermer MJ. Long-term, serial screening for intracranial aneurysms in individuals with a family history of aneurysmal subarachnoid haemorrhage: a cohort study. Lancet Neurol. 2014;13:385-392.

  4. Raaymakers TW. Aneurysms in relatives of patients with subarachnoid hemorrhage: frequency and risk factors. MARS Study Group. Magnetic Resonance Angiography in Relatives of patients with Subarachnoid hemorrhage. Neurology. 1999;53:982-988.